Betriebsrisiko Lockdown? – Keine Vergütung für geringfügig Beschäftigte

Erschienen am: 10. Dezember 2021

Sabrina Jost Fachanwältin KitzingenDas Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat in einem Urteil vom 13. Oktober 2021 festgestellt:
Kommt es im Rahmen eines behördlich angeordneten sogenannten Lockdowns zu einer Betriebsschließung, haben geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Vergütung.

Im vorliegenden Fall klagte eine geringfügig beschäftigte Verkäuferin auf Vergütung von 432,00 Euro. Im April 2020 war das Ladengeschäft der Arbeitgeberin aufgrund der „Allgemeinverfügung über das Verbot von Veranstaltungen, Zusammenkünften und der Öffnung bestimmter Betriebe zur Eindämmung des Coronavirus“ der Freien Hansestadt Bremen, vom 23. März 2020, geschlossen. Hierdurch konnte die Klägerin nicht arbeiten und erhielt keine Vergütung. Mit ihrer Klage wollte die geringfügig Beschäftigte die Zahlung ihres Entgelts für den Monat April 2020, unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs, erwirken. Ihrer Meinung nach sei die Schließung des Betriebs, aufgrund behördlicher Anordnung, seitens der Arbeitgeberin als Betriebsrisiko zu tragen. Die beklagte Arbeitgeberin hingegen beantragte Klageabweisung, da die von der Freien Hansestadt Bremen zur Pandemiebekämpfung angeordneten Maßnahmen das allgemeine Lebensrisiko betreffen. Was nicht beherrschbar sei.

Das Landesarbeitsgericht entschied nun, dass die geringfügig beschäftigte Klägerin keinen Anspruch auf Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs hat. Aufgrund der behördlich angeordneten Betriebsschließung hatte die beklagte Arbeitgeberin keine Möglichkeit, entsprechend die Arbeitsleistung und deren Annahme zu realisieren. Hier trägt auch nicht die Arbeitgeberseite das Risiko des Arbeitsausfalls. Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass die „Unmöglichkeit der Arbeitsleistung“ in Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer Gefahrenlage erfolgte.
Letztendlich ist es Sache des Staates, dafür zu sorgen, dass durch hoheitliche Verfügungen entstehende finanzielle Nachteile kompensiert werden. Dies wurde entsprechend auch mit einem erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld für Beschäftigte realisiert. Jedoch haben geringfügig Beschäftigte, durch eine Lücke im sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem, weder Anspruch auf Arbeitslosengeld noch Kurzarbeitergeld. Aus diesen Fehlern bzw. Lücken nachgelagerter Ansprüche lässt sich jedoch keine Zahlungspflicht des Arbeitgebers herleiten.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Oktober 2021 – 5 AZR 211/21 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 23. März 2021 – 11 Sa 1062/20 –

Die vollständige Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt finden Sie hier:
Pressemeldung Bundesarbeitsgericht, 31/21

Sabrina Jost, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Kitzingen
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht | Arzthaftungs- und Medizinrecht | Verkehrsrecht | Allgemeines Zivilrecht

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