Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) – Ab Februar 2022 doch noch nicht weniger Hass im Netz?

Erschienen am: 9. Februar 2022

Frank Barthel Fachanwalt KitzingenWie bereits berichtet, sind soziale Netzwerke seit Anfang Februar 2022 dazu verpflichtet, mutmaßlich strafbare Inhalte nicht mehr nur lediglich zu löschen, sondern an das BKA (Bundeskriminalamt) zu melden.
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Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) – Ab Februar 2022 weniger Hass im Netz?

Ein Problem, welches bei der nun vorgeschriebenen Verfahrensweise unbestreitbar auftritt ist, dass es Privatunternehmen aufgebürdet wird, Informationen, Nachrichten und Meinungsäußerungen selbstständig zu bewerten. Es ist absehbar, dass sich im Zuge dessen etliche Meldungen an das BKA ergeben werden, die sich letztendlich nach fachlicher Prüfung gar nicht als strafrechtlich relevant herausstellen.
Das Pikante daran ist, dass die zunächst übermittelten Datensätze schon neben dem mutmaßlich strafbaren Inhalt gleich zusammen mit den Nutzer- und Anmeldedaten sowie Zugriffszeiten und den entsprechenden IP-Adressen verknüpft sein dürften.
Letztendlich laufen somit unzählige Informationen zusammen, deren Masse durchaus für ein Erstellen von sogenannten Metadaten geeignet ist, noch bevor eine fachliche Prüfung durch die Staatsanwaltschaft erfolgen konnte. Auch dürfte es von Relevanz sein, die zu bewertenden einzelnen Kommentare zusätzlich im abgegebenen Kontext zu betrachten. Hier stellt sich mitunter die Frage, ob dann nicht gleich letztendlich ganze zusammenhängende Verläufe gemeldet werden müssten, – selbstverständlich mit allen weiteren entsprechenden Daten aller beteiligten Nutzer.
Auch bieten viele Portale die Möglichkeit, einen Kommentar noch im Nachhinein zu editieren. Wie verhält sich hierbei die zu bewertende Sachlage?
Anders als bei der Wikipedia, bei der jede Änderung eines Artikels direkt für jeden online einsehbar ist, müssten Social Media Plattformen zusätzlich bei möglichen meldepflichtigen Verstößen weitere interne Daten wie vorhandene Log-Files übermitteln sowie entsprechend Aufzeichnungen über die Kommentar-Historie.

Betrachtet man alle zuvor angeschnittenen Punkte als Ganzes, wird der sprichwörtliche Rattenschwanz, der in vielen Fällen hinterhergezogen wird, alle Beteiligten vor enorme Herausforderungen stellen. Es stellt sich die berechtigte Frage, inwieweit Unternehmen dazu herangezogen werden können, Beiträge auf ihren Plattformen zunächst einmal selbstständig strafrechtlich einwandfrei zu bewerten.

Nachdem bereits die Internetriesen Google (YouTube) sowie Meta (Facebook, Instagram) vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln klagen, hat nun auch der Kurznachrichten-Dienst Twitter dort Klage eingereicht. Das Unternehmen Twitter zeigt sich darüber besorgt, dass das Gesetz einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte vorsieht. Twitter führt weiter an, dass private Unternehmen in die Rollen von Staatsanwälten gezwungen werden. Letztendlich würde es zu zahllosen Datenübermittlungen führen, deren Inhalt gar nicht strafrechtlich behaftet sein könnte. Und auch der gerade bei Jugendlichen beliebte Dienst TikTok klagt gegen das Netzdurchsetzungsgesetz. TikTok kritisiert, dass die Wertung eines offensichtlich strafbaren Inhalts nicht in der Hand von Privatunternehmen liegen darf.

Ein Termin für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln steht noch aus. Aktuell ist diversen Medienberichten zu entnehmen, dass zumindest Google sowie Meta vorläufig noch nicht mit Sanktionen rechnen müssen.

Übrigens: Bedenken Sie immer, dass die „Big Player“ der Social Media Plattformen ihren Umsatz dadurch generieren, dass sie möglichst viele Benutzer so lange wie es irgendwie geht, auf ihren Portalen halten. Denn nur hohe Nutzerzahlen mit entsprechender Verweildauer generieren die enormen Umsätze. Entsprechend brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn Ihnen thematisch Beiträge vorgeschlagen werden, von denen Sie sich mitunter auch provoziert fühlen. Dahinter stecken ausgefeilte Mechanismen, die Surfgewohnheiten und Suchanfragen analysieren und entsprechende Vorschläge und Einblendungen genau auf den Nutzer zugeschnitten organisieren. Egal, ob diese dann Empörung, Ärger oder sogar Wut auslösen.
Lassen Sie sich mit diesem Hintergrundwissen deswegen weder provozieren noch zu irgendwelchen spontanen Antworten hinreißen! – nicht, dass diese am Ende ans BKA gemeldet werden müssten.

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Frank Barthel, Fachanwalt für Strafrecht, Kitzingen
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