Kindesunterhalt anhand der Düsseldorfer Tabelle – Höhere Sätze und angepasste Bedarfskontrollbeträge

Erschienen am: 24. Januar 2023

Höhere Sätze und angepasste Bedarfskontrollbeträge können für böse Überraschungen 2023 sorgen. Anhand der sogenannten Düsseldorfer Tabelle wird in der Bundesrepublik Deutschland mitunter der Unterhalt für Kinder von getrennt lebenden Eltern geregelt. Die Tabelle wird vom Oberlandesgericht Düsseldorf in Abstimmung mit weiteren Behörden erstellt. Ihre aktualisierte Fassung trat in den vergangenen Jahren jeweils zum ersten Januar in Kraft. Entsprechend ist seit dem 01.01.2023 die Düsseldorfer Tabelle 2023 (Stand: 01.01.2023) nebst aktualisierten Leitlinien verfügbar.
Bei der Düsseldorfer Tabelle handelt es sich weder um ein Gesetz, noch ist sie rechtlich verbindlich. Sie dient vielmehr als eine allgemeine Richtlinie, die allerdings bundesweit von Gerichten bei der Unterhaltsberechnung gerne herangezogen wird. In ihr finden sich Richtwerte beispielsweise beim Ehegattenunterhalt, der Mangelfallberechnung, dem Verwandtenunterhalt sowie dem Kindesunterhalt.

Unterhaltsrelevantes Einkommen, Bedarfskontrollbetrag und die Leitlinien
Die Düsseldorfer Tabelle wirkt bei oberflächlicher Betrachtung zunächst recht einfach und selbsterklärend. So gibt sie beispielsweise beim Kindesunterhalt anhand einer Übersicht/Liste in Relation gestaffelt nach dem unterhaltsrelevanten (Netto-)Einkommen des Unterhaltspflichtigen sowie anhand des Alters des Kindes (0-5, 6-11, 12-17, ab 18, Jahre) stufenweise den Mindestunterhalt an. Parallel weist sie auch den jeweiligen Bedarfskontrollbetrag aus. Dieser Bedarfskontrollbetrag benennt die Summe, welche dem Unterhaltspflichtigen selbst zum bestreiten des eigenen Lebensunterhalts zu verbleiben hat.

Unterhaltsrelevant ist nicht nur Nettoeinkommen
Aber Vorsicht! Das Reglement der Düsseldorfer Tabelle kann zwar an sich auf den ersten Blick recht einfach wirken, jedoch ist es wichtig, auch unbedingt die zugehörigen Leitlinien zu kennen und diese richtig zu berücksichtigen. Denn während man als Laie in der Regel beim Begriff „Netto-Einkommen“ davon ausgeht, dass es sich um die Summe handelt, die die Gehaltsabrechnung eben als diesen Netto-Betrag ausweist, definieren die Leitlinien der Düsseldorfer Tabelle auch viele weitere Gegebenheiten bzw. Umstände, als dem unterhaltsrelevanten (Netto-)Einkommen zugehörig. Neben Mieteinnahmen zählen hierzu beispielsweise mitunter Steuererstattungen und Steuernachzahlungen, geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers, aber auch ein existierender Wohnvorteil, um nur einige wenige Faktoren zu benennen. Beim unterhaltsrelevanten Einkommen handelt es sich also nicht um das steuerliche Nettoeinkommen, sondern es wird anhand sämtlicher Einkünfte berechnet.

Voraussehbarer Bedarf, Mehrbedarf, Sonderbedarf
Zusätzlich geben die Leitlinien auch vor, wie Sozialhilfeleistungen, Grundsicherung, Wohngeld, Arbeitslosengeld oder Krankengeld zu berücksichtigen ist. Des Weiteren muss man wissen, dass die Tabellenbeträge an sich den empfohlenen, also „normalen“ voraussehbaren Bedarf decken (sollen). Ein möglicher Mehrbedarf (andauernde Mehrausgaben) sowie Sonderbedarf (beispielsweise Zahnarztkosten, Klassenfahrten usw.) muss gesondert ermittelt werden.

Unterschied 2022 – 2023: Ein Beispiel
Abschließend gilt es festzuhalten, dass nur derjenige, der wirklich alle grundsätzlichen Regeln der Düsseldorfer Tabelle und vor allem auch alle relevanten Leitlinien kennt, letztendlich sicher sein kann, alle Ansprüche in vollem Umfang zu erhalten.
Da zum 01.01.2023 nicht nur die Beträge des Mindestunterhalts (Geld für das Kind) angehoben wurden, sondern auch parallel die jeweiligen Bedarfskontrollbeträge (Geld das dem Unterhaltspflichtigen verbleibt), können sich bei bestimmten Konstellationen jetzt enorme Unterschiede gegenüber 2022 ergeben.
Anhand der beiden folgenden Beispiele wird ersichtlich, welche Unterschiede sich anhand der Düsseldorfer Tabelle 2022 gegenüber 2023 ergeben können.

Beispiel anhand der Düsseldorfer Tabelle 2022
Unterhaltspflichtiger Elternteil erwirtschaftet monatlich ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen über 1901 Euro. Die Düsseldorfer Tabelle legt bei diesem Nettoeinkommen den Mindestunterhalt eines 6-jährigen Kindes auf 478 Euro fest. Dem Unterhaltspflichtigen steht ein Selbstbehalt über 1400 Euro zu. Die Differenz von Nettoeinkommen zum Bedarf des Unterhaltspflichtigen beträgt somit 501 Euro. Als Mindestunterhalt ergeben sich tatsächlich 478 Euro (so wie es die Düsseldorfer Tabelle aufführt), da diese Summe unterhalb der Differenz von Nettoeinkommen zu Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen liegt.
(1901 Euro (unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen) minus 1400 Euro (Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen) = 501 Euro. Somit ist der Unterhaltspflichtige in der Lage, den Mindestunterhalt von 478 Euro zu bedienen.)

Beispiel anhand der Düsseldorfer Tabelle 2023
Unterhaltspflichtiger Elternteil erwirtschaftet monatlich ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen über 1901 Euro. Die Düsseldorfer Tabelle legt bei diesem Nettoeinkommen den Mindestunterhalt eines 6-jährigen Kindes auf 528 Euro fest. Dem Unterhaltspflichtigen steht ein Selbstbehalt über 1650 Euro zu. Die Differenz von Nettoeinkommen zum Bedarf des Unterhaltspflichtigen beträgt somit 251 Euro. Als Mindestunterhalt ergeben sich anstatt der 528 Euro (wie es die Düsseldorfer Tabelle eigentlich aufführt) nur 251 Euro. Denn die verbleibende Summe aus der Differenz des Nettoeinkommens zu Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen weist lediglich diese 251 Euro aus.
(1901 Euro (unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen) minus 1650 Euro (Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen) = 251 Euro

Unbedingt Fachmann zu Rate ziehen
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Vergleich 2022 / 2023 wirklich nur um pauschale und ganz einfache Beispiele handelt, die aber verdeutlichen, was die aktuelle Fassung der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.01.2023) bedeuten kann. In ungünstigen Fällen kann sich für 2023 sogar letztendlich ein merklich geringerer aktueller Anspruch gegenüber dem Vorjahr ergeben.
Da eine korrekte Berechnung nur mit den entsprechenden Kenntnissen unter Berücksichtigung der umfangreichen Leitlinien der Düsseldorfer Tabelle erfolgen kann, sind Sie gut beraten, einen Fachmann zu Rate zu ziehen, der Ihre Ansprüche ausführlich und umfassend prüft.

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Düsseldorfer Tabelle

Die komplette Düsseldorfer Tabelle sowie die entsprechenden Leitlinien finden Sie direkt beim Oberlandesgericht Düsseldorf:
Düsseldorfer Tabelle
Neue Düsseldorfer Tabelle ab dem 01.01.2023 nebst Leitlinien

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Susanne Kilian, Fachanwältin für Familien- und Verkehrsrecht, Kitzingen
Rechtsgebiete: Familienrecht | Verkehrsrecht | Unfallabwicklung | Recht auf Fahrerlaubnis | Erbrecht | Ordnungswidrigkeiten | Verkehrsstrafrecht | Allgemeines Zivilrecht

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