Änderungen im Kaufrecht ab dem 01.01.2022

Erschienen am: 14. Dezember 2021

Sabrina Jost Fachanwältin KitzingenAb dem 01.01.2022 ändert sich das allgemeine Kaufrecht in vielen Bereichen. Hintergrund ist die Umsetzung der europäischen Warenkauf-Richtlinie („WKRL / Richtlinie (EU) 2019/771″), welche der Bundestag im Juni 2021 beschlossen hat. Diese ersetzt dann die bisherige Verbrauchsgüterkaufrichtlinie aus dem Jahr 1999. Das Ziel der Neuerungen ist mitunter, das Kaufrecht in der Europäischen Union anzugleichen und zu harmonisieren. Die neuen Regelungen gelten vorwiegend für den Bereich Verbraucherverträge. Nachfolgend einige wichtige Neuerungen.

Aktualisierungspflicht digitaler Komponenten
Ein gekauftes Produkt mit digitalen Komponenten muss für mindestens zwei Jahre mit Updates (Aktualisierungen) versorgt werden und uneingeschränkt mit den zum Kaufzeitpunkt versehenen Funktionen nutzbar sein.

Aktualisierungspflicht (Updates) für Produkte mit digitalen Funktionen. Darunter fallen nicht nur die offensichtlichen Alltagsprodukte wie Smartphones, Computer und Tablets. Die Aktualisierungspflicht betrifft auch Autos, Sprachassistenten, Navigationssysteme, smarte Kühlschränke, Saugroboter und Waschmaschinen. Immer vorausgesetzt, diese Produkte beinhalten digitale Komponenten. Die neue Aktualisierungspflicht soll sicherstellen, dass diese Produkte auch dann noch uneingeschränkt funktionieren, wenn sich das digitale Umfeld verändert. Neben uneingeschränkter Funktion rückt dabei auch die Sicherheit von sogenannten „smarten“ Geräten in den Vordergrund. Diese sollen durch verpflichtende Sicherheits-Updates vor allem vor unberechtigten Zugriff Dritter sowie bösartiger Angriffe geschützt werden.

Der Umfang der Aktualisierungspflicht beinhaltet, dass der Verkäufer alle Aktualisierungen schuldet, welche für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit der Sache erforderlich ist. Auch muss der Verbraucher über anstehende Aktualisierungen informiert werden. Stellt der Verkäufer keine Aktualisierungen bereit, liegt nach der dann geltenden neuen Rechtslage ein Sachmangel vor. Diesen kann der Käufer entsprechend reklamieren.
Die Dauer der Aktualisierungspflicht des Verkäufers ist nicht konkret festgelegt. Vielmehr kommt es auf die Verbrauchererwartung sowie Werbeaussagen an. Weitere Anhaltspunkte für die Dauer sind mitunter neben dem Preis auch die Erkenntnisse über eine übliche Nutzungs- und Verwendungsdauer eines Produkts, dem sogenannten „Life-Cycle“. Jedoch gilt immer ein Mindestzeitraum von zwei Jahren ab dem Gefahrenübergang.

Verlängerte Beweislast von Mangelfreiheit für Verkäufer
Die Beweislast von Mangelfreiheit seitens des Verkäufers wird auf zwölf Monate erweitert.
Mängel bei sogenannter B-Ware müssen genau im Kaufvertrag aufgeführt werden.

Bisher galt, dass der Verkäufer im Einzelhandel sechs Monate nach Übergabe der Kaufsache beweisen muss, dass diese mangelfrei war. Dieser Zeitraum beträgt ab dem 01.01.2022 zwölf Monate. Die Beweislastverlängerung wird somit zu Lasten des Verkäufers verschärft.
Nach wie vor kann der Verkäufer die gesetzliche Vermutung, dass ein Produkt schon bei Übergabe mangelhaft war, zwar weiterhin widerlegen, indem er nachweist, dass ein Mangel durch unsachgemäße Behandlung oder durch Verschleiß entstanden ist. Das wird aber in vielen Fällen sehr schwierig und aufwendig sein.

Bei gebrauchten Artikeln, Rückläufern und Vorführgeräten, die bereits kleinere Mängel wie Gehäusekratzer aufweisen, reicht es nicht mehr aus, diese nur als sogenannte B-Ware zu kennzeichnen.
Ab dem 01.01.2022 muss der Käufer vor Abgabe seiner Vertragserklärung hiervon in Kenntnis gesetzt werden. Es muss explizit darauf hingewiesen werden, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht. Der Kaufvertrag muss diese Abweichung ausdrücklich aufführen und diese zusätzlich vereinbaren. Eine Regelung in den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ bzw. in einem Formularvertrag genügt dann nicht.

Erweiterte Gewährleistungsfrist
Die Verjährung der Gewährleistungsfrist von zwei Jahren kann sich, durch Ablaufhemmung, jetzt um vier zusätzliche Monate verlängern. Auch wird dem Verbraucher ein Zeitraum von zwei Monaten eingeräumt, um sich von der einwandfreien Beseitigung beanstandeter Mängel zu überzeugen.

Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beträgt weiterhin zwei Jahre. Sie gilt ab Ablieferung der Sache. Neu ist die sogenannte Ablaufhemmung beim Verbrauchsgüterkauf.
Zeigt sich während der regulären Gewährleistungsfrist ein Mangel, dann tritt die Verjährung erst vier Monate später ein.

Beispiel: Sie kaufen am 01.01.2022 ein neues Gerät. Die Gewährleistungsfrist beträgt zwei Jahre, also bis einschließlich 31.12.2024. Tritt jetzt ein Mangel kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist auf, mussten Sie als Verbraucher, nach der alten Regelung, sehr schnell reagieren. Ansonsten konnte sich der Verkäufer auf die Verjährungsfrist berufen, welche mit dem 31.12.2022 enden würde.
Ab 2022 gilt nun zusätzlich die Ablaufhemmung von vier Monaten. Diese versetzt den Käufer in die Lage, einen Mangel, der beispielsweise am Ende der Gewährleistungspflicht auftritt (also im Zeitraum bis zum 31.12.2024) zu reklamieren, ohne dabei im letzten Moment durch die Verjährungsfrist Ansprüche zu verlieren. Denn die Ablaufhemmung bewirkt, dass sich die Verjährungsfrist um bis zu 4 Monate verlängern kann. Bei unserem zuvor genannten Beispiel wäre dies dann erst der 30.04.2025. (Vorausgesetzt, der Mangel tritt wirklich erst am letzten Tag der Gewährleistungspflicht, dem 31.12.2024 auf.)

Weitere Ablaufhemmung: Tritt während der Verjährungsfrist ein Mangel auf und wird dieser vom Verkäufer behoben, tritt die Verjährung der Mängelansprüche erst nach Ablauf von zwei Monaten ein. Zur Beachtung: Diese Frist ist dazu gedacht, dem Käufer genug Zeit zu geben, sich davon zu überzeugen, ob der geltend gemachte Mangel auch tatsächlich behoben wurde. Die Frist beginnt erst, nachdem der Verkäufer dem Käufer das vom Mangel befreite Verbrauchsgut oder ein mangelfreies Ersatzverbrauchsgut übergeben hat.

Rücktrittsmöglichkeiten für Käufer
Bei Verbrauchergeschäften entfällt zukünftig eine Erfordernis der Fristsetzung.
Bisher war es notwendig, dem Verkäufer bei einem Sachmangel die Möglichkeit zu geben, diesen zu beheben. Minderung, Rücktritt und/oder Schadensersatz waren erst möglich, nachdem dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt wurde und diese ohne Ergebnis verstrichen ist. Ab dem 01.01.2022 ist es nur noch erforderlich, dass zwischen Rücktritt und der Mängelrüge des Käufers ein angemessener Zeitraum liegt.
Wurde die Nacherfüllung nicht rechtzeitig erledigt, ist der Verbraucher ohne eine vorherige Fristsetzung zum Rücktritt berechtigt.

Mehr zur Richtlinie (EU) 2019/771 (Warenkauf) finden Sie hier in der Wikipedia:
Richtlinie (EU) 2019/771 (Warenkauf)

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Sabrina Jost, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Kitzingen
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