Faschingszeit – Gefahrenzeit! Gerichtliche Nachspiele rund um den Karneval

Erschienen am: 27. Februar 2023

Frank Barthel Fachanwalt KitzingenNach unfreiwilliger Zwangspause konnten 2023 wieder alle Freunde der fünften Jahreszeit ausgiebig den Fasching feiern. Geselliges Beisammensein, Veranstaltungen genießen und Faschingsumzüge kräftig mit einem Helau anfeuern.
Und wie jedes Jahr endet die fünfte Jahreszeit gewohnt am Faschingsdienstag um 24:00 Uhr. Jedoch nicht ohne immer wieder für „kleinere“ Nachspiele, mitunter auch vor den Gerichten zu sorgen. Nicht immer jedoch ist bei derartigen Nachspielen der Alkoholkonsum ausschlaggebend, sondern manchmal handelt es sich um ganz triviale Vorfälle.

Kölner Schokoriegel
So kann der Besuch eines Karnevalszugs schnell einmal ins sprichwörtliche Auge gehen. Dies erlebte eine Besucherin an einem Rosenmontag in Köln. Traditionell teilten hier die Besatzungen der Themenwagen reichlich Süßigkeiten aus. Im hohen Bogen geworfen wurden neben Bonbons und Karamellen auch Schokoriegel an die Zuschauer verteilt. Klotzen und nicht kleckern, lautete die Devise. Und ausgerechnet diesen Schokoriegeln konnte die zuvor genannte Besucherin nicht mehr rechtzeitig ausweichen. Das Resultat: Zwei dieser geworfenen Riegel trafen sie am Auge. Sie musste daraufhin operiert werden und büßte letztendlich laut ihren eigenen Angaben nahezu die Hälfte ihrer Sehkraft auf diesem Auge ein. Daraufhin forderte sie vom Besitzer des Festwagens 1.500 Euro Schmerzensgeld. Das Amtsgericht Köln urteilte jedoch, dass Besucher eines Faschingsumzuges, die von geworfenen Leckereien verletzt werden, keinen Anspruch auf Schmerzensgeld haben. Es sei üblich und allgemein bekannt, dass bei solchen Umzügen davon auszugehen ist, dass kleinere Gegenstände geworfen werden. Für Zuschauer sei dies erwartbar. Letztendlich wurde der Klägerin kein Schmerzensgeld zugesprochen.
(Amtsgericht Köln: Urteil vom 07.01.2011 – Az.: 123 C 254/10).

Aachener Pralinen
Gerichte urteilen häufig, dass Teilnehmer bei Faschingsumzügen damit rechnen müssen, dass kleinere Gegenstände wie beispielsweise Süßigkeiten (traditionell) in die Zuschauermenge geworfen werden. Somit sind Besucher solcher Veranstaltungen angehalten, sich dementsprechend darauf einstellen. Ein weiteres „Opfer“ einer solchen „süßen, traditionellen Attacke“ klagte vor dem Amtsgericht Aachen. Der Besucher wurde bei einem Umzug von einer mit Pralinen gefüllten Verpackung getroffen und erlitt eine Platzwunde am Kopf. Das Amtsgericht Aachen folgte der Forderung nach Schmerzensgeld jedoch nicht und erklärte, dass der Teilnehmer wusste, worauf er sich beim Besuch des Umzuges einlassen würde.
(Amtsgericht Aachen: Urteil vom 10.11.2005 – Az.: 13 C 250/05).

Eschweiler Tulpen
In einem anderen Fall beinhaltete das geworfene Objekt keinen Zucker, sondern konnte durchaus als gesund und vegetarisch bezeichnet werden. Das Amtsgericht Eschweiler verhandelte eine Schmerzensgeldforderung aufgrund einer geworfenen Tulpe. Diese traf einen Kläger beim Besuch eines Umzugs am Auge. Die Entscheidung des Amtsgerichts Eschweiler lautete in diesem Fall, dass das Werfen von kleineren Gegenständen zum rheinischen Brauchtum gehört. Letztendlich verlor der Kläger vor Gericht.
(Amtsgericht Eschweiler: Urteil vom 03.01.1986 – Az.: 6 C 599/85).

Trierer Kanonen und Gehilfen-Schulung
Ebenso erfolglos blieb die Klage eines Karnevalsbesuchers, der einen Hörschaden durch eine abgefeuerte Kanone erlitt. Das Landgericht Trier urteilte, dass dies traditionell üblich sei und solche „Kanonen“ eben dazu eingesetzt würden, um Böllerschüsse und Konfetti abzufeuern.
(Landgericht Trier: Urteil vom 05.06.2001 – Az.: 1 S 18/01).
Auch entschied das Landgericht Trier in einem anderen Fall, dass der Veranstalter des Umzugs keine (speziellen) Anweisungen über das Werfen von Süßigkeiten in die Zuschauermenge geben muss.
(Landgericht Trier: Urteil vom 07.02.1995 – Az.: 1 S 150/94).

Essener Krawattenschrecken
Übrigens: Nicht alle „üblichen“ bzw. „traditionellen“ Gegebenheiten müssen an Karneval hingenommen werden. So hat das Amtsgericht Essen in einem Fall entschieden, dass das zur Weiberfastnacht traditionelle Abschneiden der Krawatten bei Kollegen und Vorgesetzten eine Sachbeschädigung darstellt. Entsprechend müsse in solchem Fall Schadensersatz geleistet werden. Auch würde Trägern von Krawatten zur Altweiberfastnacht keinerlei Mitverschulden treffen.
Deswegen empfiehlt es sich bei solchen Aktionen vorher unmissverständlich das Einverständnis des „Opfers“ einzuholen.
(Amtsgericht Essen: Urteil vom 03.02.1988 – Az.: 20 C 691/87).

Besser gut vorbereitet
Was lernt man aus den zuvor genannten Beispielen? Nicht nur, dass während der Faschingszeit ganz spezielle Gefahren auf uns lauern, sondern auch, dass wir auf diese verstärkt achten müssen. Ein richtiger Fan der Faschingszeit würde aufgrund der zuvor genannten Beispiele ganz smart, zwei sprichwörtliche Fliegen mit einer Klappe schlagen. Es sind doch kreative Verkleidungen und Späße explizit zu Fasching gefordert! Somit steht dem Tragen eines einfachen handelsüblichen Plastik-Schutzhelms doch nichts im Wege. Denn der schützt nicht nur den Kopf vor tieffliegenden Bonbons und Schokolade bei Umzügen, sondern kann am Ende auch prima als Transportbehälter für die ganzen eingesammelten Leckereien genutzt werden.

Amtsgericht Köln

Amtsgericht Aachen

Amtsgericht Eschweiler

Landgericht Trier

Amtsgericht Essen

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Frank Barthel, Fachanwalt für Strafrecht, Kitzingen
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