Bundesgerichtshof – Gesundheitswarnungen auch an eigenen Zigarettenautomaten im Supermarkt

Erschienen am: 5. Dezember 2023

Thomas Böh von Rostkron, Rechtsanwaltskanzlei Kilian & Kollegen, Kitzingen - Fachanwalt für Verkehrsrecht sowie für Transport- und SpeditionsrechtDer Bundesgerichtshof (BGH) hat kürzlich entschieden, dass Abbildungen von Zigarettenpackungen auf den Auswahltasten von Warenausgabeautomaten an Supermarktkassen ebenfalls den Warnhinweis „Rauchen kann tödlich sein“ zeigen müssen. Vorausgegangen war ein Rechtsstreit, der von der Nichtraucher-Initiative Pro Rauchfrei initiiert wurde. Dieser richtete sich gegen einen Supermarktbetreiber aus München. In dessen Filialen wurden Zigarettenpackungen an der Kasse über einen Automaten verkauft. Obwohl die einzelnen Zigarettenpackungen gesetzlich vorgeschriebene gesundheitsbezogene Warnhinweise trugen, waren diese am Automaten selbst nicht ersichtlich.

Auch Abbildungen von Zigarettenschachteln unterliegen Vorgaben
Kunden, die eine Zigarettenpackung erwerben wollten, mussten durch Drücken einer am Warenausgabeautomaten befindlichen Taste die Zigarettenmarke auswählen. Die Zigarettenpackungen selbst waren während dieses Auswahlprozesses jedoch nicht sichtbar. Eine einmal ausgewählte Zigarettenpackung wurde dann von einer Ausgabevorrichtung auf das Kassenband befördert und an der Kasse bezahlt. Die Auswahltasten des Zigarettenautomaten waren mit Abbildungen versehen, die zwar keine naturgetreuen Zigarettenpackungen zeigten, aber in Bezug auf Markenlogo, Proportion, Farbgebung und Dimensionierung wie Zigarettenpackungen gestaltet waren. Das Problem dabei war, dass diese Abbildungen keine gesundheitsbezogenen Warnhinweise enthielten. Die Nichtraucher-Initiative Pro Rauchfrei sah darin einen Verstoß gegen die Tabakerzeugnisverordnung und verklagte den Supermarktbetreiber auf Unterlassung. Während die Klage in den ersten beiden Instanzen erfolglos war, wurde der Unterlassungsanspruch vom BGH nun anerkannt.

Hinweis „Rauchen ist tödlich“ muss für Verbraucher erkennbar sein
Gemäß § 11 Abs. 2 der Tabakerzeugnisverordnung ist vorgeschrieben, dass auch Abbildungen von Zigarettenschachteln, die im Rahmen von Werbemaßnahmen gezeigt werden, den Anforderungen der Verordnung zur Verpackung und zu Warnhinweisen genügen müssen. Der BGH entschied, dass die Auswahltasten in Supermärkten daher unter anderem den allgemeinen Warnhinweis „Rauchen ist tödlich“ zu tragen haben. Zusätzlich sollte darauf hingewiesen werden, dass über 70 in Tabakrauch enthaltene Stoffe krebserregend sind. Trotz des Erfolgs der Nichtraucher-Initiative Pro Rauchfrei wurde ihr Hauptantrag, den Supermärkten den Zigarettenverkauf an Automaten grundsätzlich zu verbieten, vom Gericht abgelehnt.

Zeigen Schockbilder und Warnhinweise Wirkung?
Schockbilder auf Verpackungen als vermeintlicher Game-Changer? Sind Suchtkranke auf diese Art und Weise wirklich gezielt dazu zu bringen, von ihrer Droge zu lassen? Und wirklich! Die Tabaksteuereinnahmen brachen nach Einführung der Warnhinweise im Mai 2016 auf den Verpackungen mehr als deutlich ein. Somit schrieb man sich zunächst den vermeintlichen Erfolg, dass weniger Bürger zum Glimmstängel greifen, da diese durch die Schockhinweise abgeschreckt würden auf das reglementierende Regierungsbanner. Sollte doch auch selbsterklärend logisch sein, denn weniger Steuereinnahmen bedeuten eben, dass auch weniger gekauft und somit konsumiert wird. Und nachdem seit Mai 2016 die Verpackungen mit den mittlerweile bekannten Warnhinweisen versehen sein mussten, verzeichnete das Bundesfinanzministerium einen Rückgang um 23,9 Prozent im Juni 2016 und sogar um 48 Prozent im Juli 2016 im Vergleich zu den Vorjahresmonaten. Hatten plötzlich Millionen Menschen aufgrund des erweiterten Rauchverbots das Rauchen aufgegeben? Mitnichten! Die Hersteller hatten vielmehr über Monate hinweg eine große Menge ohne Schockbilder produziert, um ausreichende Bestände zu haben. Die dafür notwendigen Steuerbanderolen wurden frühzeitig bestellt und bezahlt. Dadurch stiegen die Tabaksteuereinnahmen im Jahr 2015 auf einen Höchststand von knapp 15 Milliarden Euro. Nach der Einführung der Schockbilder im Mai 2016 orderten die Hersteller entsprechend weniger Steuerbanderolen und verkauften zunächst ihre vorhandenen Bestände. Somit erklärte sich der vermeintliche geringere Konsum tatsächlich.

Das Urteil finden Sie direkt hier beim Internetauftritt des Bundesgerichtshof (BGH):
BGH, Urteil vom 26.10.2023, Aktenzeichen I ZR 176/19

Verordnung über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (Tabakerzeugnisverordnung – TabakerzV):
§ 11 Allgemeine Vorschriften zur Kennzeichnung von Tabakerzeugnissen

Meldung des Bundesministeriums der Finanzen:
Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2016

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Thomas Böh von Rostkron, Fachanwalt für Verkehrsrecht sowie für Transport- und Speditionsrecht, Kitzingen
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