Widerrufsrecht bei Online-Bestellungen: Das gilt für Verbraucherinnen und Verbraucher
Schöne Online-Welt – Alles ist nur ein paar Klicks entfernt: Tag und Nacht, an sieben Tagen die Woche, 365 Tage im Jahr. Die Online-Welt macht spontanes Einkaufen so einfach wie nie – sei es vom Sofa aus, unterwegs oder zwischen zwei Terminen. Kein Wunder, dass viele Bestellungen schneller aufgegeben sind, als einem bewusst ist, ob man das Gewünschte wirklich braucht.
Doch was tun, wenn der Kauf sich im Nachhinein als überstürzt erweist? Gut, dass es das gesetzliche Widerrufsrecht gibt. Es hilft Verbraucherinnen und Verbraucher bei Online-Bestellungen und anderen sogenannten Fernabsatzverträgen – und ermöglicht es, viele Käufe problemlos rückgängig zu machen. Aber welche Regeln gelten dabei? Welche Fristen sind zu beachten? Und wie sieht ein wirksamer Widerruf aus?
Wer online einkauft oder telefonisch eine Bestellung aufgibt, genießt ein besonderes Schutzrecht: das gesetzliche Widerrufsrecht. Damit lässt sich ein Vertrag meist innerhalb von 14 Tagen widerrufen – ohne Angabe von Gründen.
Doch wie funktioniert das genau? Und worauf sollte geachtet werden?
Wann besteht beispielsweise ein Widerrufsrecht?
Kleidung und Schuhe: Online bestellte Modeartikel können in der Regel innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurückgegeben werden.
Elektronikgeräte: Tablets, Smartphones oder Kopfhörer, die online gekauft wurden, unterliegen dem Widerrufsrecht – selbst wenn sie getestet wurden (sofern keine übermäßige Abnutzung vorliegt).
Möbel: Auch sperrige Artikel wie Sofas oder Schränke, die online bestellt wurden, können widerrufen werden.
Bücher und Haushaltswaren: Solange es sich nicht um versiegelte oder individuell angepasste Produkte handelt, gilt auch hier das Widerrufsrecht.
Verträge über digitale Inhalte (z. B. E-Books, Streaming-Abos): Diese unterliegen dem Widerrufsrecht, sofern der Verbraucher vorab nicht ausdrücklich auf das Widerrufsrecht verzichtet hat (z. B. durch sofortigen Download oder Streamingstart).
Wann besteht beispielsweise keine Widerrufsmöglichkeit?
Versiegelte Hygieneartikel: z. B. Zahnbürsten, Unterwäsche oder Kosmetikprodukte, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.
Lebensmittel und verderbliche Waren: Frische Produkte wie Obst, Fleisch oder Milch sind vom Widerrufsrecht ausgenommen, da sie schnell verderben können.
Individuell angefertigte Waren: z. B. maßgeschneiderte Kleidung, personalisierte Geschenke oder individuell bedruckte Artikel.
Geöffnete Audio-, Video- oder Softwareprodukte auf physischen Datenträgern: etwa CDs, DVDs oder Software, sofern die Versiegelung entfernt wurde.
Digitale Inhalte mit sofortigem Zugriff: z. B. ein E-Book oder ein Streamingdienst, wenn der Nutzer ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Vertrag vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt und er auf sein Widerrufsrecht verzichtet.
So wird der Widerruf erklärt
Ein Widerruf ist formfrei möglich (§ 355 BGB), also auch:
– mündlich (z. B. am Telefon)
– per E-Mail, Fax oder SMS
– über ein Online-Widerrufsformular
Wichtig: Aus Beweisgründen sollte der Widerruf schriftlich erfolgen, etwa per E-Mail oder Brief. Dabei sollte der Widerruf klar formuliert sein und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass der Vertrag nicht aufrechterhalten werden soll.
Diese Angaben sind sinnvoll:
– Name und Anschrift der bestellenden Person
– Bestelldatum und Lieferdatum
– Bestell- oder Vertragsnummer
– Ggf. Kundennummer
Eine Begründung ist nicht erforderlich. Es reicht aber auch nicht aus, die Ware einfach kommentarlos zurückzusenden.
Fristen beachten
– Die reguläre Widerrufsfrist beträgt 14 Tage und beginnt mit dem Erhalt der Ware.
– Wird der Kunde oder die Kundin nicht korrekt über das Widerrufsrecht informiert, verlängert sich die Frist auf 12 Monate und 14 Tage.
– Bei Teillieferungen beginnt die Frist erst mit Erhalt der letzten Teilsendung.
– Fällt das Fristende auf einen Sonn- oder Feiertag, endet sie am nächsten Werktag.
Tipp: Zur Sicherheit sollte der Widerruf spätestens am letzten Tag der Frist bis 24 Uhr abgeschickt werden.
Nachweis des Widerrufs
Da der Verbraucher die rechtzeitige Absendung und den Zugang des Widerrufs im Streitfall nachweisen muss, empfiehlt sich Folgendes:
E-Mail: Nachricht speichern oder ausdrucken (inkl. Datum, Absender, Empfänger, Inhalt)
Fax: Qualifizierten Sendebericht mit Inhaltsauszug aufbewahren
Brief: Per Einwurfeinschreiben verschicken
Online-Formulare: Kopie der Eingabe und Eingangsbestätigung sichern
SMS/Chat: Screenshots mit Zeitstempel und Reaktion des Händlers dokumentieren
Zusätzlich ist es sinnvoll, den Händler um eine schriftliche Bestätigung des Widerrufseingangs zu bitten.
Was passiert nach dem Widerruf?
– Der Kaufvertrag wird rückabgewickelt.
– Der Händler muss den Kaufpreis spätestens 14 Tage nach dem Widerruf zurückzahlen.
– Standard-Versandkosten müssen ebenfalls erstattet werden.
– Die Rückzahlung kann warten, bis die Ware zurückerhalten oder der Versand nachgewiesen wurde.
Achtung: Für Expressversand oder besondere Lieferwünsche werden nur die Kosten des Standardversands erstattet.
Rücksendung: Wer zahlt?
Rücksendekosten trägt in der Regel der Käufer – sofern der Händler korrekt über diese Pflicht informiert hat. Einige Händler übernehmen die Rücksendekosten freiwillig – ein Blick in die Widerrufsbelehrung lohnt sich hierbei ungemein. Die Ware muss innerhalb von 14 Tagen nach Erklärung des Widerrufs zurückgeschickt werden.
Tipp: Die Ware sollte gut verpackt und mit Sendungsverfolgung (z. B. als Paket, nicht als Päckchen) zurückgesendet werden. Im Streitfall dient dies als Beweis.
Fazit: So gelingt der Widerruf
– Widerruf fristgerecht und klar erklären
– Beweise sichern (E-Mail, Einwurfeinschreiben etc.)
– Ware gut verpackt zurücksenden
– Fristen und Ausnahmen beachten
Wer diese Punkte beachtet, kann Online-Bestellungen meist problemlos rückgängig machen und erhält sein Geld zurück – ohne großes Risiko.
Den genauen Wortlaut des § 355 können Sie beispielsweise direkt beim „Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz“ einsehen:
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen
Mehr Informationen zum Thema finden Sie auf der Website des „Zentrums für Europäischen Verbraucherschutz e. V.“:
Widerrufsrecht beim Online-Einkauf: Wann kann ich einen Vertrag widerrufen?
Die „Verbraucherzentrale NRW e. V.“ bietet weitere Informationen zu diesem Thema:
Verträge wirksam widerrufen per E-Mail und Co.
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Susanne Kilian, Fachanwältin für Familien- und Verkehrsrecht, Kitzingen
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