Lärm, Dezibel und Mietrecht – Rechte und Pflichten bei Lärmbelästigung

Erschienen am: 28. Januar 2025

Frank Barthel, Rechtsanwaltskanzlei Kilian & Kollegen, Kitzingen - Fachanwalt für StrafrechtLärm ist nicht nur ein physikalisches Phänomen, sondern kann auch erhebliche Konflikte auslösen – erfahrungsgemäß besonders häufig im Mietverhältnis. Im Mietrecht spielt die Lärmbelästigung eine zentrale Rolle, da sie die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann. Wissenschaftlich ist nachgewiesen, dass dauerhafter oder extremer Lärm gesundheitsschädlich ist. Insbesondere hohe Lärmspitzen oder ein kontinuierlich hoher Lärmpegel über einen längeren Zeitraum können in manchen Fällen sogar als Körperverletzung bewertet werden.
Lärm am Arbeitsplatz kennen sicher viele. Nach den Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes (§§ 3, 5 ArbSchG) sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, ihre Angestellten vor übermäßiger Lärmbelastung zu schützen. Die Berufsgenossenschaften und staatlichen Arbeitsschutzbehörden überwachen die Einhaltung dieser Vorschriften.
Im Mietrecht hingegen scheinen viele Mieter und Vermieter oft nicht einmal ansatzweise ihre Rechte und Pflichten bei Lärmbelästigungen zu kennen.

Relevanz von Lärm im Mietrecht
Lärm wird im Mietrecht häufig zum Streitpunkt, da er die vertragsgemäße Nutzung der Wohnung beeinträchtigen kann. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bietet hierzu klare Regelungen. Beispielsweise verpflichtet § 535 BGB den Vermieter, die Wohnung in einem vertragsgemäßen Zustand zur Verfügung zu stellen – das bedeutet, dass unzumutbarer Lärm nicht geduldet werden muss. § 536 BGB regelt zudem, dass Mieter bei erheblicher Lärmbelastung Anspruch auf Mietminderung haben. Ergänzend dazu geben Immissionsschutzgesetze vor, welche Lärmpegel in Wohngebieten als zulässig gelten.

Typische Lärmquellen und ihre Bewertung im Mietrecht
Die Quellen von Lärm im Mietverhältnis sind vielfältig und werden je nach Art und Herkunft unterschiedlich bewertet. Kinderlärm beispielsweise wird in der Regel als sozialadäquat eingestuft und ist bis zu einem gewissen Grad hinzunehmen. Partylärm oder laute Musik, die über die Nachtruhe hinausgehen, sind hingegen unzulässig.
Bei Baulärm müssen Mieter diesen akzeptieren, wenn die Arbeiten rechtzeitig angekündigt wurden und die Belastung nicht unverhältnismäßig ist. Straßen- und Verkehrslärm muss hingenommen werden, sofern er dem üblichen Maß entspricht und bei Vertragsabschluss absehbar war. Auch technische Geräusche, wie ein dauerhaft summender Aufzug oder eine laute Heizung, können im Mietrecht relevant werden und unter Umständen Mietminderungen rechtfertigen.

Wann ist eine Mietminderung gerechtfertigt?
Die Berechtigung zur Mietminderung hängt von der Schwere und Dauer der Lärmbelästigung ab. Eine Mietminderung ist gerechtfertigt, wenn der Lärm erheblich ist und die Wohnqualität dauerhaft beeinträchtigt wird. Zudem kann eine Minderung erfolgen, wenn der Lärm unzumutbar ist, etwa durch ständigen Baulärm ohne Vorankündigung, oder wenn er nicht vertragsgemäß ist – beispielsweise bei Lärmquellen, die beim Einzug nicht bekannt waren.
Die Höhe der Mietminderung richtet sich nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung. Gelegentlicher Baulärm kann eine Minderung von 10 bis 20 Prozent rechtfertigen, während dauerhafte und erhebliche Lärmbelastungen eine Reduktion von 30 bis 50 Prozent nach sich ziehen können. In Extremfällen, in denen die Wohnung nahezu unbewohnbar wird, kann sogar eine Mietminderung von bis zu 100 Prozent gerechtfertigt sein.
Auch technische Geräusche können zu einer Mietminderung führen. Ein dauerhaft summender Aufzug oder eine dauerhaft laute Heizung rechtfertigen beispielsweise eine Minderung von bis zu 20 Prozent, während ein deutlicher Anstieg des Straßenlärms eine Reduktion von 10 Prozent zur Folge haben kann. Solche Werte hängen jedoch stets vom jeweiligen Einzelfall ab.
Es gibt viele sogenannte Mietminderungstabellen, die oft nur stichpunktartig bestimmte Aspekte benennen. Dabei ist es wichtig zu bedenken, dass ein Gericht später stets den Einzelfall prüfen wird. Dennoch können solche Tabellen auch als erster Anhaltspunkt dienen.

Praktische Schritte für Mieter bei Lärmbelästigung
Wenn Mieter von Lärm betroffen sind, sollten sie strukturiert vorgehen, um ihre Rechte geltend zu machen:
– Dokumentation des Lärms: Datum, Uhrzeit und Art der Störung festhalten
– Messung des Lärmpegels: Mithilfe einer Dezibel-App objektive Nachweise erheben
– Schriftliche Information an den Vermieter und Aufforderung zur Abhilfe
– Gespräch mit Nachbarn oder Einschaltung einer Schlichtungsstelle, falls Nachbarn die Lärmquelle sind
– Schriftliche Ankündigung einer Mietminderung, sofern keine Einigung erzielt wird
– Rechtliche Schritte und Klageerhebung als letzter Schritt

Pflichten der Vermieter
Auch Vermieter haben klare Pflichten im Umgang mit Lärmbelästigungen. Sie sind dazu verpflichtet, bauliche Mängel oder technische Defekte, die Lärm verursachen, unverzüglich zu beheben. Zudem müssen sie Mieter rechtzeitig über lärmintensive Arbeiten informieren. Werden Beschwerden wegen Lärms durch andere Mieter vorgebracht, ist der Vermieter verpflichtet, einzuschreiten und den Hausfrieden zu wahren.

Warum Aufklärung und Beratung wichtig sind
Es zeigt sich, dass viele Mieter und Vermieter sich nicht über ihre Rechte und Pflichten im Klaren sind, was oft zu Konflikten führt. Dabei können bereits grundlegende Kenntnisse im Mietrecht helfen, Streitigkeiten zu vermeiden. Mieter sollten sich ihrer Rechte bewusst sein, um diese bei Bedarf durchzusetzen. Gleichzeitig können Vermieter proaktiv handeln, um rechtliche Auseinandersetzungen zu verhindern. Fundiertes Wissen und gute Kommunikation sind der Schlüssel, um Probleme rund um das Thema Lärm zu lösen und ein harmonisches Zusammenleben zu fördern.

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