Leitfaden zum Familienrecht: Ehe, Scheidung und Kindeswohl
Das Familienrecht bildet einen wichtigen Teil des Zivilrechts in Deutschland und beschäftigt sich mit den rechtlichen Beziehungen innerhalb von Familien. Als spezieller Bereich des Privatrechts regelt es die Rechte und Pflichten, die zwischen Familienmitgliedern bestehen. Dabei umfasst das Familienrecht eine Vielzahl von Themen wie beispielsweise Ehe, Scheidung, Sorgerecht, Unterhalt, Adoption und andere familienbezogene Angelegenheiten. Es sorgt dafür, dass die rechtlichen Aspekte des Zusammenlebens und der Verantwortung innerhalb der Familie klar gestaltet sind.
Familienrecht – Eheschließung und Eherecht
Die Ehe ist in Deutschland eine rechtlich anerkannte Lebensgemeinschaft zwischen zwei Personen. Um eine Ehe einzugehen, müssen beide Partner das 18. Lebensjahr vollendet haben. Minderjährige können unter Zustimmung des Familiengerichts heiraten, wenn sie mindestens 16 Jahre alt sind und der andere Partner volljährig ist.
Ehevertrag: Paare können vor oder während der Ehe einen Ehevertrag schließen. In diesem Vertrag können sie Regelungen über Vermögensverhältnisse, Unterhalt und den Zugewinnausgleich im Falle einer Scheidung festlegen. Der Vertrag muss notariell beurkundet werden.
Güterstand: In Deutschland gilt in der Regel der Güterstand der Zugewinngemeinschaft, sofern die Ehepartner nichts anderes vereinbart haben. Das bedeutet, dass das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen im Fall einer Scheidung hälftig geteilt wird, das sogenannte Zugewinnausgleichsverfahren. Alternativ können die Partner durch einen Ehevertrag auch Gütertrennung oder Gütergemeinschaft vereinbaren.
Namensrecht: Bei der Eheschließung können die Ehepartner einen gemeinsamen Familiennamen bestimmen. Es ist auch möglich, dass jeder Partner seinen eigenen Namen behält oder einen Doppelnamen wählt. Der Name kann aber auch noch nach der Eheschließung geändert werden.
Familienrecht – Scheidung
Wenn eine Ehe gescheitert ist, gibt es die Möglichkeit der Scheidung. Eine Scheidung ist der rechtliche Prozess, durch den eine Ehe offiziell beendet wird. Sie setzt voraus, dass die Ehe „gescheitert“ ist, was im deutschen Familienrecht konkret bedeutet, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass sie wiederhergestellt wird. Hierzu gehören mitunter dann auch:
Trennungsjahr: In der Regel muss das Ehepaar mindestens ein Jahr getrennt leben, bevor die Scheidung eingereicht werden kann. Dieses sogenannte Trennungsjahr dient dazu, die Ehepartner zu einer möglichen Versöhnung zu bewegen und die Entscheidung zur Scheidung zu überdenken.
Scheidungsantrag: Nach Ablauf des Trennungsjahres kann ein Ehepartner beim Familiengericht einen Scheidungsantrag einreichen. In Ausnahmefällen, etwa bei nachweisbarer schwerer Eheverfehlung, kann eine Scheidung auch ohne Trennungsjahr erfolgen.
Zerrüttungsprinzip: Das Gericht prüft, ob die Ehe als zerrüttet anzusehen ist. Eine Ehe gilt nach dem Trennungsjahr in der Regel als gescheitert, sodass die Scheidung ausgesprochen werden kann. Es gibt jedoch auch Härtefälle, in denen eine sofortige Scheidung ohne Trennungsjahr möglich ist. Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie als zerrüttet angesehen wird und eine Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft nicht erwartet werden kann.
Familienrecht – Eheaufhebung
Im Gegensatz zur Scheidung, die auf das Scheitern einer bestehenden Ehe abzielt, bezieht sich die Eheaufhebung auf die Beseitigung einer Ehe von Anfang an, weil bei der Eheschließung wesentliche Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Gründe für eine Eheaufhebung liegen beispielsweise vor bei …
Willensmängel: Wenn ein Ehepartner bei der Eheschließung über wesentliche Eigenschaften des anderen getäuscht wurde (z.B. Identität, Schwangerschaftsstatus).
Fehlende Geschäftsfähigkeit: Wenn einer der Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung geschäftsunfähig war.
Schein- oder Zwangsehe: Wenn die Ehe nur zum Schein eingegangen wurde oder unter Zwang zustande kam.
Verwandtschaft: Eine Ehe zwischen nahen Verwandten (z.B. Geschwistern) ist grundsätzlich nicht erlaubt und kann aufgehoben werden.
Familienrecht – Unterschied(e) zwischen Scheidung und Eheaufhebung
Während eine Scheidung die Auflösung einer bestehenden, aber gescheiterten Ehe darstellt, wird bei einer Eheaufhebung festgestellt, dass die Ehe von Anfang an ungültig war.
Eine aufgehobene Ehe gilt rechtlich als niemals existent, was im Vergleich zur Scheidung rechtliche Unterschiede zur Folge haben kann, insbesondere in Bezug auf Unterhaltsansprüche und Rentenanwartschaften.
Zusammengefasst bieten Scheidung und Eheaufhebung unterschiedliche rechtliche Wege, eine Ehe zu beenden, je nach den spezifischen Umständen der Ehe.
Familienrecht – Folgen einer Scheidung
Nach der Scheidung kann einem Ehepartner Unterhalt zustehen, vor allem, wenn dieser aufgrund der Ehe wirtschaftliche Nachteile erlitten hat. Der nacheheliche Unterhalt kann zeitlich befristet oder unbefristet sein, abhängig von der Lebenssituation der Ehepartner.
Zudem wird das Versorgungsausgleichsverfahren erfolgen, bei dem die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften zwischen den Ehepartnern ausgeglichen werden. Hierbei handelt es sich übrigens um eine Folgesache, um die sich ein Richter im Rahmen der Scheidung kümmern muss, auch wenn die Ehegatten hierüber eine ehevertragliche Vereinbarung treffen können.
Das Sorgerecht für gemeinsame Kinder bleibt in der Regel bei beiden Elternteilen bestehen, jedoch können das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie der Umgang neu geregelt werden.
Familienrecht – Sorgerecht
Ein zentrales Element des Familienrechts ist das Sorgerecht für Kinder. Es betrifft die Verantwortung der Eltern für die Pflege, Erziehung und Betreuung ihres Kindes / ihrer Kinder.
Gemeinsames Sorgerecht: Nach einer Trennung oder Scheidung bleibt das gemeinsame Sorgerecht in der Regel bestehen es sei denn, das Gericht entscheidet anders, weil das Kindeswohl gefährdet ist.
Aufenthaltsbestimmungsrecht: Dies ist ein Teilbereich des Sorgerechts und regelt, bei welchem Elternteil das Kind seinen Hauptwohnsitz hat. Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, hat auch das Recht, den Alltag des Kindes zu bestimmen, wie zum Beispiel die Wahl der Schule.
Umgangsrecht: Der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, hat in der Regel ein Umgangsrecht, um regelmäßig Zeit mit dem Kind zu verbringen. Dieses Recht kann bei schwerwiegenden Gründen eingeschränkt oder verweigert werden.
Kindschaftsrecht: Bei Fragen zur Vaterschaft oder zur Adoption greifen die Regelungen des Kindschaftsrechts. Hierbei ist es zentral, das Wohl des Kindes in den Vordergrund zu stellen.
Familienrecht – Unterhaltspflichten
In Deutschland bestehen verschiedene Unterhaltspflichten, die im Familienrecht geregelt sind.
Kindesunterhalt: Der unterhaltspflichtige Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, muss regelmäßig finanzielle Unterstützung leisten. Die Höhe des Kindesunterhalts richtet sich nach dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen und wird in der sogenannten Düsseldorfer Tabelle festgelegt.
Ehegattenunterhalt: Auch während der Trennung und nach der Scheidung kann ein Ehepartner verpflichtet sein, dem anderen Unterhalt zu zahlen. Dies hängt von den jeweiligen Lebensverhältnissen und der Bedürftigkeit ab.
Elternunterhalt: Kinder können verpflichtet sein, für den Unterhalt ihrer bedürftigen Eltern aufzukommen, wenn deren eigenes Einkommen und Vermögen nicht ausreichen, um beispielsweise Pflegekosten zu decken.
Familienrecht – Aspekte und Entwicklungen im Familienrecht
Das deutsche Familienrecht hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt und reflektiert auch gesellschaftliche Veränderungen wider.
Gleichgeschlechtliche Ehen: Seit dem 1. Oktober 2017 können in Deutschland gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Damit genießen sie die gleichen Rechte und Pflichten wie heterosexuelle Paare einschließlich des gemeinsamen Sorgerechts und des Adoptionsrechts.
Patchworkfamilien: Mit der Zunahme von Patchworkfamilien – Familien, in denen Kinder aus verschiedenen Beziehungen zusammenleben – haben sich auch die rechtlichen Herausforderungen verändert. Beispielsweise können Stiefeltern nicht ohne Weiteres das Sorgerecht für ihre Stiefkinder erhalten, was manchmal zu komplexen rechtlichen Situationen führt.
Kindeswohl im Mittelpunkt: In allen Angelegenheiten, die Kinder betreffen, steht das Kindeswohl im Vordergrund. Das bedeutet, dass Gerichte bei Entscheidungen wie Sorgerechtsstreitigkeiten oder dem Umgangsrecht stets das Beste für das Kind im Auge behalten müssen.
Internationales Familienrecht: In einer globalisierten Welt gewinnen internationale Aspekte des Familienrechts an Bedeutung, insbesondere bei binationalen Ehen und Scheidungen oder bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen über Landesgrenzen hinweg.
Familienrecht – Fazit
Das Familienrecht in Deutschland ist ein komplexes, aber notwendiges Rechtsgebiet, das den Schutz und das Wohl der Familienmitglieder sicherstellen soll. Es reflektiert sowohl traditionelle Werte als auch moderne Entwicklungen und bietet den rechtlichen Rahmen, um Konflikte innerhalb der Familie fair und ausgewogen zu lösen. In einer sich ständig verändernden Gesellschaft bleibt das Familienrecht ein dynamisches Feld, das sich an neue Herausforderungen anpasst und dabei stets das Wohl der Schwächsten – insbesondere der Kinder – im Blick behält.
Das Familienrecht ist jedoch auch sehr facettenreich und voller wichtiger Details, die man kennen sollte, um einen optimalen Ausgang zu erzielen. Hierfür steht Ihnen in solchen Fällen ein Anwalt zur Seite, dessen Aufgabe es ist, Ihre Interessen zu vertreten und Sie kompetent zu beraten.
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Susanne Kilian, Fachanwältin für Familien- und Verkehrsrecht, Kitzingen
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